Von einer Legasthenie spricht man, wenn es beim Schriftspracherwerb zu Störungen kommt, die ihre Ursachen in der Hirnfunktion haben.

Es handelt sich hierbei um sogenannte Teilleistungsstörungen. Die Probleme sind nicht die Folge eines unzureichenden Schulunterrichts, mangelnder Intelligenz oder fehlender Lernbereitschaft. Auch andere körperliche, neurologische oder psychische Erkrankungen müssen sich ausschließen lassen.
Definition nach: ICD-10 - Katalog der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO)

Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse führen die Legasthenie auf eine genetische Veranlagung zurück.

Symptome bei Legasthenie:

Ein Legastheniker macht eigentlich die gleichen Fehler wie jedes Kind, das Lesen und Schreiben lernt. Die Schwierigkeiten bauen sich jedoch nicht so einfach ab. Es sind keine oder kaum Erfolge zu verzeichnen. Aufhorchen sollten Sie, wenn Sie bei Ihrem Kind mehrere der unten genannten Symptome feststellen können.

In den ersten Wochen (1. Schuljahr):

  • Wörter können nicht durch Klatschen in Silben zerlegt werden.
  • Das Kind erkennt keinen Reimpärchen und kann auch selber keine Reimpärchen bilden.
  • Die Laut-Buchstabenzuordnung will nicht gelingen.
  • Die Buchstabenform lässt sich auch dann nicht erkennen, wenn das Kind den Buchstaben nach einer Vorlage abgeschrieben hat.
  • Das Verschleifen (lesen) einfacher Strukturen gelingt nicht, z.B. Mama, Sofa, Limo
  • Laute können aus einem Wort nicht herausgehört und aufgeschrieben werden, z.B. der Anlaut R bei Rose.

Folgende Phänomene müssen Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht beunruhigen:

  • Wenn das Kind ein Wort auf seine Laute abhört und dieses aufschreibt, kann es passieren, dass es die Vokale noch nicht heraushören kann. Z.B. schreibt es Kml für Kamel (Skelettschreibung).
  • Das Kind schreibt Buchstaben seitenverkehrt oder auf dem Kopf.
  • Das Kind hält sich noch nicht an die Schreibrichtung von links nach rechts.
  • Das Kind hält noch keine Zeilen ein.
  • Das Kind schreibt auch mitten im Wort Großbuchstaben.

Nach dem ersten halben Jahr.

  • Die Laut-Buchstabenzuordnung will noch immer nicht gelingen oder es werden nur wenige Buchstaben beherrscht.
  • Das Kind findet sich auf dem Blatt nicht zurecht, schreibt z.B. von rechts nach links.
  • Das Kind kann einfache Wörter, die ihm immer wieder vorgegeben werden nicht aus dem Gedächtnis aufschreiben und/ oder nicht fehlerfrei von der Tafel abschreiben.
  • Das Kind ist nicht in der Lage einfache Wörter (Mama, Sofa, Limo) anhand einer Anlauttabelle auf seine Laute abzuhören und aufzuschreiben.
  • Das Kind kann kleine Texte nur im immer gleichen Zusammenhang lesen (Fibeltext). Werden ihm die Wörter in einem neuen Zusammenhang angeboten, scheitert es.

Folgende Phänomene müssen Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht beunruhigen:

  • Das Kind vertauscht noch Buchstaben wie b und d.
  • Das Kind kann ähnliche Konsonanten noch nicht auditiv unterscheiden. z.B. w/f
  • Das Kind kann beim Schreiben ungeübter Wörter Konsonantenverbindungen noch nicht vollständig erfassen. (Kokodil statt Krokodil)

Innerhalb des ersten Schuljahres - 2. Halbjahr

  • Dem Kind gelingt die Laut-Buchstabenzuordnung nicht oder nur sehr unzureichend.
  • Die Graphomotorik ist auffällig. Die Schreibhaltung ist verkrampft, die Stifthaltung ist fehlerhaft. Das Kind kann beim Schreiben die Zeilen nicht einhalten.
  • Das Kind unterscheidet im Wort nicht zwischen großen und kleinen Buchstaben.
  • Einfache Wörter können weiterhin nicht gelesen werden oder aber sie werden erlesen, ohne dass ihnen ein Sinn zugeordnet werden kann.
  • Am Ende des 1. Schuljahres können kleine Texte nicht erlesen werden, oder dem Text kann kein Sinn entnommen werden.
  • Beim Lesen kommt es zu Silbendrehern oder -auslassungen sowie Wortauslassungen, Wörter werden erraten oder in ähnliche Wörter abgewandelt.
  • Kinder die gut auswendig lernen können, beginnen nun ganze Texte auswendig zu lernen und können so das Problem oft lange Zeit verbergen.
  • Das Kind ist weiterhin nicht in der Lage einfache Wörter selbständig zu schreiben. Es kommt zu Buchstaben- oder Silbenauslassungen und Buchstabenersetzungen. Zum Teil ist es nicht mehr möglich das Zielwort zu erkennen (Wortruinen).
  • Das gleiche Wort wird immer wieder anders geschrieben, zwischendurch wird es auch richtig geschrieben.
  • Es kommt zur Lese- und Schreibunlust oder vielleicht auch schon zu einer Schulunlust.
  • Das Kind gerät zunehmend unter Stress und psychischen Druck, was sich in Verhaltensauffälligkeiten oder psychosomatischen Symptomen äußern kann.
  • Das Kind ermüdet schnell, vor allem beim Lesen.

Folgende Phänomene müssen Sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht beunruhigen:

  • Die Vertauschung visuell oder auditiv ähnlicher Buchstaben. Es sollte jedoch eine Tendenz erkennbar sein, dass diese Fehler weniger werden.
  • Regelfehler wie fehlende Konsonantenverdopplungen, Dehnungen etc.

Ab dem zweiten Schuljahr:

  • Die Lesegeschwindigkeit bleibt langsam und stockend, die Sinnentnahme gelingt unzureichend bis gar nicht. Beim Lesen wird die Zeile verloren, Wörter überlesen, Buchstaben und Silben verdreht, weggelassen oder ausgetauscht. Die Vertauschung visuell ähnlicher Buchstaben z.B. b/d baut sich nicht ab.
  • Es kommt zu einer hohen Fehlerzahl bei Abschriften sowie bei geübten und ungeübten Diktaten. In selbst verfassten Texten kommt es überdies noch zu Grammatikfehlern und Interpunktionsfehlern.
  • Es kann sein, dass Probleme mit der Rechtschreibung erst in höheren Klassen auffallen. Manche Kinder halten sich lange Zeit mit einem reinen auswendig Lernen über Wasser. Sie scheitern erst dann, wenn Wortschatz und Textumfang zu umfangreich werden.
  • Rechtschreibregeln werden nicht oder nur unzureichend erworben.
  • Kinder mit Problemen in der Rechtschreibung sind nicht in der Lage ein Korrekturverhalten aufzubauen und Fehler selbständig zu finden und zu korrigieren.
  • Zunehmend wirken sich die Probleme im Lesen und Schreiben nun auch auf die anderen Fächer aus.
  • Das Arbeitstempo bleibt aufgrund der Problematik insgesamt zu langsam.
  • Das Kind verliert zunehmend die Lust an der Schule und am Lernen. Zu Hause bedeuten die Hausaufgaben oft Stress für die ganze Familie.


Fazit:
Meistens stellt sich bei Ihnen als Eltern schon sehr früh ein ungutes Bauchgefühl ein, dass etwas nicht stimmt. Vertrauen Sie Ihrem Bauchgefühl und stellen Sie Ihr Kind einer dementsprechenden Fachkraft zur Diagnostik vor.